Experimentelle Biologie

Jeder lernt in der Schule die Mendelschen Gesetze. Die Erkenntnisse des Augustiner-Mönchs gelten als der Ausgangspunkt der modernen Genetik.

Fast 30000 Erbsenpflanzen kultivierte Gregor Mendel im Klostergarten im heute tschechischen Brno. Die Technik der künstlichen Befruchtung von Blüten, die Mendel entwickelte, erlaubte Schlussfolgerungen über die Weitergabe einzelner Merkmale und deren Verteilung an die folgenden Generationen. Dass diese Gesetzmäßigkeiten in der Existenz von Chromosomen begründet ist, wusste Mendel nicht. Aber auch ohne diese Kenntnis erlaubte sein groß angelegtes Experiment die Vorhersage der Vererbung einzelner Merkmale. Die Entdeckung der Chromosomen und deren Bedeutung als Träger der Erbsubstanz erfolgte erst später, konnte aber die Mendelschen Gesetze im Nachhinein hervorragend erklären.

1866 veröffentlichte Mendel sein epochales Werk, dessen Bedeutung die Fachwelt zunächst nicht erkannte. Mendel stand in der Tradition der beschreibenden und exakten Wissenschaft. Beobachten, Messen, Zählen, Dokumentieren und Deuten, das sind die Arbeitsweisen der wissenschaftlichen Methodik. Die Statistik ist das mathematische Instrument, das diese, so genannte „Empirische Wissenschaft“, als Beweismittel anführt. Das Experiment ist eine gezielte Frage des Wissenschaftlers an die Natur. Die experimentelle Biologie ist somit einer der wichtigsten Zweige der beschreibenden exakten Naturwissenschaft.

Es war die experimentelle Physik, die auch Biologen wie Gregor Mendel inspirierte. Vorangegangen waren die Arbeiten der Anatomen seit der kopernikanischen Wende in der Renaissance des 15 Jahrhunderts. Schon diese, rein beschreibenden Werke, bereiteten den Siegeszug der Naturwissenschaften vor. Experimentelles Arbeiten begann dann im 18 Jahrhundert.

Beispielsweise wies Joseph Priestley mit seinem berühmten Experiment nach, dass Pflanzenwachstum eine Voraussetzung tierischen Lebens darstellt. Er brachte Mäuse in luftdichte Gefäße und konnte zeigen, dass die Tiere nicht erstickten, wenn sich in den Glasbehältern zusätzlich Pflanzen befanden. Diese Erkenntnis führte später zur Entdeckung der Photosynthese. Auch die Beschreibung der Photosynthese in all ihren biochemischen Details ist das Verdienst der experimentellen Biologie. Dieser experimentelle Ansatz war es auch in anderen Disziplinen der Naturwissenschaften, der schließlich die Wissensexplosion des 20. Jahrhunderts beförderte. Die experimentelle Biologie hatte daran immer wieder ihren bedeutenden Anteil.

Heute ist die experimentelle Biologie aus der Grundlagenforschung nicht mehr wegzudenken. Täglich führen Biologen Versuche an isolierten Organen oder tierischen und pflanzlichen Geweben durch. Die Molekulargenetik, Biochemie und Physiologie stehen dabei im Fokus des Interesses. Umstritten sind Experimente an lebenden Tieren, die Zoologen vor allem in der Pharmaindustrie zur Verträglichkeitsprüfung neuer Medikamente durchführen. Ethisch weniger bedenklich sind die Versuche der Verhaltensforscher, die immer wieder erstaunliche Leistungen bei Tieren aufdecken.

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